Gute Arbeit!

Sarah Ihlenfeld, Gestüt Lindenhof, Rohrlack

„Bestimmen ist nichts für mich.“

    Sarah Ihlenfeld, Gestüt Lindenhof, Rohrlack

„Bestimmen ist nichts für mich.“

    „Shining Star“ steht auf ihrem T-Shirt. Sarah Ihlenfeld lächelt ein wenig schüchtern. Es riecht nach frischem Heu und nach den schönen Pferden, die, nahezu unsichtbar, im fast unbeleuchteten Stall stehen und ruhig vor sich hin kauen. Durch die Oberlichter fällt milchiges Sonnenlicht auf Teile ihrer Mähnen, darunter erkennt man schemenhaft die muskulösen Körper. Ihlenfeld legt ihren Kopf an den Hals der Stute, die sie gerade bürstet. „Der Stall,“ erklärt sie, „ist der Ort, wo man wirklich mit den Pferden ist, wo man die Nähe spürt.“

„Mädchen und Pferde, das ist nur eine Theorie. Ich kenne auch genug Kerle, die nicht von den Pferden lassen können.“ Ihlenfeld legt lachend ihre Werkzeuge auf einen brusthohen Heuballen, macht ein paar Notizen in ihrem Tagesplan. Ihr Mobiltelefon liegt daneben auf dem Display, sie rührt es nicht an, nicht einmal mit einem Blick. „Wir suchen alle die Liebe zum Tier.“

„Ich bin jetzt 19“

Schon im Alter von 5 Jahren, daran kann sie sich gut erinnern, hat sie entdeckt, wieviel Freude es ihr bereitet, zu reiten, draussen zu sein und für Tiere zu sorgen, mit ihnen zu arbeiten, mit ihnen zu leben. „Es ist ein wunderschönes Gefühl für mich, nah bei einem Pferd zu sein, zu wissen, es fühlt sich mit mir wohl und vertraut mir voll und ganz. Das Loslassen zu spüren, wie es den Kopf entspannt, wie kein einziger Muskel zuckt, das versetzt mich in grosse Freude , das ist die Erfüllung für mich.“ Vor gut 2 ½ Jahren hat Ihlenfeld sich entschieden, hier in Rohrlack in der Nähe von Neuruppin, in der Obhut des Gestüts Lindenhof, eine 3-jährige Ausbildung zur Pferdewirtin zu absolvieren.

In Theorie und Praxis lernt sie alles, was man benötigt, um Pferde züchten und pflegen zu können. 2 Wochen auf dem Gestüt, dann 2 Wochen Schule. Immer im Wechsel. „Zäune kontrollieren, Futter, Wasser, jeden Tag schauen wie es den Pferden geht,“ erzählt sie. Dabei sei im Prinzip „alles, was das Pferd braucht“ Teil ihrer Aufgabe, ihres Jobs. Ihre Entscheidung, diesen Weg zu gehen, die Familie, die Freunde zumindest zeitweise in Berlin zurückzulassen, ist ihr sehr schwergefallen. „Es hat mich viel Mut und Überwindungskraft gekostet, meine Mama hat mich bestärkt, meine Freunde haben mir alle abgeraten. Die wollten nicht, dass ich weggehe. Aber ich habe es doch gemacht.“

„Wenn ich kein Geld bräuchte, würde ich das Gleiche tun.“

„Hier eine Ausbildung machen zu können, war ja im Grunde die Erfüllung meiner Träume. Ich habe ein Praktikum gemacht, eine Woche – und sofort angenommen.“ Ihlenfeld klettert auf einen Traktor und dreht den Zündschlüssel um. Es folgt eine Fahrt mit blinzelnden Augen und wehendem Haar durch die blendende Julisonne.


„Natürlich war das eine Berufswahl, eine wichtige Entscheidung für mich. Ich werde meinen Lebensunterhalt mit einer Arbeit verdienen, die ich auch ohne Bezahlung sehr gerne jeden Tag verrichten würde.“ Eine Win – Win Situation sei das, sie habe damit einfach „doppelt gewonnen.“ So viel Glück, findet sie, „konnte ich nur haben, weil ich den Mut aufgebracht habe, meiner inneren Stimme zu folgen. Man muss auf sein Bauchgefühl hören.“

„Shoppen gehe ich selten.“

Das sie in Rohrlack auf dem Lindenhof am richtigen Ort für sich ist, das merkt Ihlenfeld jedesmal wieder aufs Neue, wenn sie nach 2 Wochen Schule hierher zurückkehrt: „Ich bin viel mehr draussen, frische Luft, Sonne, ich ernähre mich automatisch ganz anders, habe andere Bedürfnisse. Gar kein Fast Food, viel mehr Knäckebrot und Selbstgemachtes. Ich koche mir jeden Tag etwas, lebe viel gesünder.


Ich habe hier auch Internet, aber nutze es gar nicht. Ich vergesse ständig mein Handy. Ich komme völlig zur Ruhe mit meiner Arbeit.“ Wunschlos glücklich sei sie dann, berichtet sie: „Geld brauche ich kaum für mein Leben. Ich kaufe nur ein, wenn ich mal etwas brauche – das kommt nicht oft vor. Ich habe noch nie viel gebraucht, war schon immer sehr ruhig. Aber hier gelingt mir das wirklich sehr gut – ich muss mit den Dingen, die mich umgeben verbunden sein, um das Gefühl geniessen zu können, dass ich nichts brauche.“

„Pferde verkaufen, das könnte ich nicht.“

Perspektive? „Ich mache mir gar keine Sorgen, lasse das Leben einfach auf mich zukommen. Solange ich mich wohlfühle mache ich mir nicht so die Gedanken. Ich suche auch keine Veränderung, schon gar keinen Aufstieg oder eine Führungsposition.

Bestimmen ist nichts für mich, ich habe dafür nicht so die Worte. Ich habe auch gar kein Bedürfnis zu leiten, zu führen, ich mag es lieber, wenn jemand anders führt und zum Beispiel die betriebliche Verantwortung übernimmt. Zahlen, das Wirtschaftliche, das interessiert mich nicht so sehr, dass ich das überhaupt machen möchte. Viele betriebliche Aufgaben haben ja auch gar nichts mit den Tieren zu tun, ganz im Gegenteil. Da sitzt man am Schreibtisch und muss schauen, dass man seine Pferde verkauft. Das könnte ich gar nicht. Das würde mich krank machen.“

„Arbeit bedeutet für mich Freude.“

Glück und Ruhe erlangt Ihlenfeld also sowohl durch ihre mutige Entscheidung für das Richtige, als auch durch die innere Beschränkung darauf.

„Ich bin so sehr glücklich,“ ist sie sich gewiss, „ich weiss, was ich zu tun habe, ich weiss, dass es sinnvoll ist und ich weiss, dass es mich zufrieden macht. So stehe ich jeden Tag morgens auf. Ich weiss, was ich machen werde und welches Glück das für mich ist. Ich liebe meine Arbeit, ich muss mit den Tieren sein.“ SJ