Gute Arbeit!

Christine und Josef Rehm, Spargel Rehm, Schrobenhausen

„Es steht alles im Wasser.“

    Christine und Josef Rehm, Spargel Rehm, Schrobenhausen

„Es steht alles im Wasser.“

    „Heute ist ein furchtbarer Tag. Von vielen Schlechten einer der Schlimmsten. “ Christine Rehm lacht uns kämpferisch an. Seit zwei Generationen baut sie mit Ihrer Familie in Linden bei Schrobenhausen ihren Freilandspargel an, ganz ohne die sonst überall verbreitete Plastikfolie. „Ostern kam die Kälte, seit dem nur noch Regen, heute schon den ganzen Tag. Die Dämme brechen bald auseinander – man kann den Acker fast gar nicht betreten.“

Bestellungen hat Familie Rehm ohne Ende. Nicht nur Privatleute lieben ihren Spargel, auch einige Spitzengastronomen aus dem nahegelegenen München möchten ihre Gäste mit dem langsam wachsenden, besonders aromatischen Freilandspargel verwöhnen. Aber die Rehms können nicht liefern. Der erste Spargel ist ihnen dieses Jahr bei einem Kälteeinbruch im April erfroren und seitdem wächst nichts mehr, weil das Wetter verrückt spielt. „Für uns als Familienbetrieb ist das natürlich nicht einfach,“ stöhnt Rehm auf. „Eine Katastrophe. Wir haben heuer aus der Spargelernte überhaupt kein Einkommen. Das ist ein Riesenverlust für uns.“

„Die Natur denkt sich was dabei – es hat alles seinen Sinn.“

„Man hat eine Menge Arbeit “, erzählt sie. „Wir machen ja alles mit der Hand, die Natur achten, das ist wichtig, auch wenn es jetzt mal furchtbar regnet. So ist halt die Natur und wir wollen mit der Natur leben und arbeiten, nicht gegen sie.“ Einen guten Spargel anzubauen, ist komplex. Von der Wahl der Pflanzen selbst, über die Düngung, die Pflege, das alles ist ja heute total industrialisiert. Spargel wächst, auf Masse gezüchtet, in kürzester Zeit unter Folientunneln. „Da geht ein Kulturgut verloren, dagegen kämpfen wir.“

Deshalb bauen die Rehms ihren Spargel ohne Folie an, nur mit gutem Gemüsedünger und mit ganz viel Liebe. Sie benutzen dafür alte deutsche Sorten, die sind gar nicht mehr leicht zu bekommen und ausserdem auch recht kostspielig – sie brauchen viel Pflege. Der Spargel soll langsam wachsen und dadurch sein ganzes Aroma voll und ganz entwickeln können. Bei uns,“ erklärt Rehm mit ihrem liebenswert entschiedenen Tonfall, „ist der Spargel noch etwas Besonderes – wir schätzen jede Stange. Wir haben auch nicht diese Massen, für uns zählt noch die Qualität. Der Spargel braucht Luft und Zeit. Man muss auch nicht im März schon Spargel essen. Das braucht kein Mensch.“

„Der ist nussig, mild und zart.“

„Schneeweiss, schnurgerade, geschlossener Kopf – das ist der Einheitsspargel, Massenware, da sind wir total dagegen.“ Christine Rehm kommt nun richtig in Schwung, sie strahlt: „Wir vermeiden das. Unser Spargel wächst langsamer, wir haben doppelt so viel Arbeit und nur den halben Ertrag. Und wenn das Wetter es so will, dann haben wir gar keinen Spargel.


All diese Nachteile nehmen wir aber in Kauf, weil wir wissen, es ist das Beste für die Umwelt, die Natur, den Menschen – und für den Spargel, für den Geschmack. Unser Spargel ist butterzart, da braucht man nicht einmal ein Messer. Und der Geschmack ist ganz was anderes – super…aromatisch. Da gibt’s auch nix dazu,“ lächelt sie siegesgewiss, „schon gar kein Fleisch, das braucht nur der Folienspargel, der schmeckt ja sonst nach nix.“

„Folie, überall Folienfetzen.“

Deutschlandweit werden über 95% des Spargels unter Folientunneln angebaut, um zu kaltes oder zu heisses Wetter auszugleichen. Das steigert enorm den Ertrag und der Spargel ist wesentlich früher erntereif. Für Christine Rehm ist das eine Umweltkatastrophe. „ Mir tut es in der Seele weh, wenn ich die Felder sehe – mit all der Plastikfolie.“ Wenn die Sonne brennt und Wind aufkommt, zerbricht die Folie und fliegt in kleinen und kleinsten Stücken überall hin.


„Die Folienfetzen kommen bei uns aus dem Acker raus – bei uns, wo nie Folie darauf war. Die fliegen überall rum, verfangen sich und bleiben dann irgendwo liegen. Die Folie besteht aus PE , man darf nicht vergessen, der ganze Plastikmüll im Meer, gegen den wir kämpfen, auch das ist PE.“

„Manchmal zweifeln wir schon.“

„Es sind jetzt schon harte Wochen für uns, die ganze Ernte dahin, man fragt sich wie es weiter gehen soll,“ erzählt Christine Rehm. „Manchmal kriege ich auch wirklich die Wut, wenn ich sehe, was die anderen stechen mit ihrer Folie, welche Massen die ernten, egal wie kalt es ist.

Aber ganz ehrlich, der Zweifel, der bestätigt uns immer wieder aufs Neue, dass wir doch das Richtige machen. Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass man Spargel in solchen Massen anbaut. Wir möchten als Bauern, als Unternehmer auch noch in den Spiegel schauen können, nicht um uns herum alles zerstören und kaputtmachen. Wir sehen ja überall wohin das führt mit der Überproduktion und der Monokultur in der Landwirtschaft. Wenn wir darüber nachdenken, das bestärkt uns nur noch mehr in unserem Wollen.“

„Man muss überzeugt sein von dem was man macht.“

„Ich schöpfe meine Kraft in dieser schwierigen Situation immer wieder aus der festen Überzeugung, dass wir einfach das Richtige tun. Es wird schon werden. Was wir anbauen, das ist gut. Das essen wir auch selber.“ Josef Rehm ist nun auch dazugekommen. Er lächelt voller Ruhe und Zuversicht und schaut hinaus in die nasse Regenlandschaft. „Wenn die Sonne wieder kommt, durch die Wolken scheint, dann werde ich als erstes denken: Jetzt geht es mal aufwärts. Auf das warten wir – und das kommt auch.“ Er erzählt uns vom allerbesten aller Spargel: „Besonders gut schmeckt der, wenn er von der Sonne – nicht von der wochenlangen Lagerung in Kühlräumen – von der Sonne einen blauen Kopf bekommt. Der schmeckt dann ganz unvergleichlich, weil er eben die Sonne gesehen hat.“

„Unsere Kunden,“ sagt Rehm, „ geben uns Hoffnung. Das gibt uns die Kraft. Die stehen bei uns auf dem Markt und haben ein Präsent dabei. Die haben Tränen in den Augen, wenn die Saison zuende geht. Weil wir dann nicht mehr kommen. Das ist es, was uns in unserem Tun bestätigt. Die eigene Überzeugung und dann: Der einzelne Kunde.“ SJ